MOVE

MOVE Bewegung fürs Leben

Ende Februar herrschte in der Turnhalle der Sankt-Nikolaus-Schule in Kall emsiges Treiben. Von Mittwochnachmittag bis Samstag fand hier die Ausbildung zum MOVE Practitioner statt.  Zwölf Lehrkräfte und Schulbegleiter der Sankt- Nikolaus-Schule und vier Lehrkräfte und Schulbegleiter der Hans-Verbeek-Schule (beides Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung) nahmen an der viertägigen Fortbildung teil. An beiden Schulen wird schon seit ein paar Jahren das MOVE Konzept praktiziert. MOVE ist ein Bewegungstraining mit dem Ziel körperbehinderten Menschen, die nicht selbständig sitzen, stehen oder gehen können, zu größtmöglicher Mobilität zu verhelfen. Mit einem strukturierten Training werden funktionelle Bewegungen unterrichtet, die der behinderte Mensch sofort umsetzen kann. Die MOVE Trainerinnen Claudia Penn und Elisabeth Ringer-Neumann reisten extra aus Österreich an, um den MOVE Kurs in Kall durchzuführen. Kompetent vermittelten sie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbildung die „sechs Schritte“, die das MOVE Programm umfasst. Um die Inhalte des Programms direkt praktisch umzusetzen, nahmen auch phasenweise Schülerinnen und Schüler sowie Eltern teil. Zunächst ermittelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand des Motor-Milestone-Assesments, die vorhanden motorischen Fertigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler. In einem nächsten Schritt ging es dann darum, gemeinsam mit der Schülerin / dem Schüler und den Eltern Ziele zu entwickeln. Dabei ist es wichtig, dass sich die Ziele an den Bedürfnissen der Familien orientieren.
Der neun Jahre alte Avdi ist Schüler der Hans-Verbeek-Schule. Avdi kann nicht eigenständig laufen und sitzt die meiste Zeit im Rollstuhl. Mit seinem Vater kam er extra nach Kall. Zusammen mit seiner Schulbegleiterin und den Lehrkräften der Hans-Verbeek-Schule überlegte er sich MOVE Ziele. Avdi hat schnell eigene Ziel gewählt: Er wünschte sich mit einer Gehhilfe, zur Eisdiele zu gehen. Außerdem möchte er, mit Hilfe eines Gehtrainers, in der Schule Basketball und Fußball spielen.  Ein drittes Ziel ist es, den pflegerischen Alltag der Familie zu erleichtern. Auch die Schülerinnen und Schüler der Sankt-Nikolaus-Schule überlegten sich mit Eltern, Lehrkräften und Schulbegleitern gemeinsam Ziele.
Nachdem die individuellen Ziele für alle gefunden wurden, ging es darum zu gucken, welche motorische Fertigkeiten nötig sind. Die Teams überlegten nun, welche Fertigkeiten bedeutend sind, wie z.B. das Aufstehen, Gehen mit Gehhilfe, Treppen steigen etc. und welche Hilfsmittel dafür benötigt werden. Anschließend wurde geplant, wie die benötigten Fertigkeiten im Unterrichtsalltag geübt werden können. Alles wurde detailliert dokumentiert. Die Ziele erfordern manchmal eine langfristige Planung. Laut den beiden MOVE Trainerinnen aus Österreich kann es oft Monate bzw. Jahre dauern, bis das jeweilige Ziel erreicht wird. Da aber immer motorische Fertigkeiten im Mittelpunkt stehen, die den Alltag der Menschen erleichtern sollen, lohnt sich die Anstrengung für alle Beteiligten.
In Kall hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung auch die Möglichkeit komplexe Hilfsmittel, wie Stehständer, Stühle und die verschiedensten Gehhilfen auszuprobieren.  Avdi flitzte derweil in einem modernen Gehtrainer über den Flur der Sankt- Nikolaus-Schule und freute sich über die Geschwindigkeit mit der er seine Lehrerin „jagte“. Mit seinem aktuellen Gehtrainer kann Avdi nur mühsam drei oder vier Schritte bewältigen. Daher ist die Freude riesig zu erleben, dass er nun schnell sein kann und mit seiner Lehrerin „Fangen spielt“.
Großes Ziel des Bewegungsprogramms ist die Erleichterung des Alltags. Dabei spielen auch einfache alltägliche Hilfsmittel eine große Rolle. Die MOVE Trainerinnen zeigten, wie man mit einfachen Brettern, rutschfester Folien, einfachen Drehstühlen mit Rollen, kleinen Erhöhungen aus Brettern oder Keilen und Ähnliches zu effektiven Hilfen umfunktionieren kann. Anstatt mit zwei Personen eine Person vom Rollstuhl in das Bett zu heben, zeigten die MOVE Trainerinnen, wie es mit Hilfe eines einfachen Brettes möglich ist, die Schülerin / den Schüler im Sitzen vom Rollstuhl ins Bett zu transportieren.
Avdis Vater hat das häusliche Badezimmer ausgemessen. Gemeinsam wurde nun überlegt, wie der Einstieg in die Badewanne erleichtert werden kann. Eine mobile Stange, die an der Badezimmerwand angebracht werden kann, könnte es Avdi ermöglichen beim Ein- und Ausstieg in die Badewanne aktiv mitzuhelfen. Die Lehrkräfte und Avdis Schulbegleiterinnen überlegten, wie sie die erforderlichen motorischen Fertigkeiten, wie mindestens fünf Minuten auf der Stelle stehen und sich dabei mit den Händen an einer Stange oder Wand festhalten, mit Avdi im Schulalltag üben könnten.
Am Ende des Kurses erhielten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Zertifikat, welches ihnen ermöglicht MOVE zu unterrichten. Damit bekommen nun die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die derzeit schon MOVE an der Sankt-Nikolaus-Schule und der Hans-Verbeek-Schule unterrichten, tatkräftige Unterstützung.

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